Das Leben einzelner Geschöpfe ist an eine ungewisse Spanne gebunden, welcher der Mensch aufgrund der eigenen Vergänglichkeit mit größtem Verständnis und Empathie begegnen kann. Abseits der Betrachtung des einzelnen Lebens besteht allerdings ein Superkonstrukt, das Generationen in Äonenschritten hinter sich lässt. Im Lektürekapitel Die Bewegung des Lebens setzen Deleuze und Bergson sich thematisch mit den Entstehungsformen von Tieren sowie Pflanzen auseinander.A Vollständige Evolutionsketten liefern mächtige Ansatzpunkte, wie sich verschiedene Arten weit über den Lebenszyklus einzelner Wesen hinaus verhalten. Der Genetische Code verändert sich langsam aber stetig. Faktoren, die von außen Einwirken. Die Anpassung an die Umwelt erfolgt dadurch, dass bei diesem zufälligem Prozess Arten entstehen, die besser an z.B. wechselnde Bedingungen angepasst sind. Die Mutationen entstehen nicht, um die Wesen an die Umwelt anzupassen. Der Vorgang ist zufällig.A
Um mehr über das Leben herauszufinden und zu verstehen, beschäftigen sich Forschungsfelder wie Paläontologie, Evolutionsbiologie und Genetik ausführlich und aus verschiedenen Perspektiven heraus mit diesem Phänomen.
Um der abstrakten, bergsonschen Abhandlung dieses Themas gerecht zu werden und eine stoffliche Eingrenzung vorzunehmen, wurden in diesem Kapitel Mutationen und die Spuren von Leben in unterschiedlichen Stadien während der Evolution interpretiert. Dabei wird der Mutationsbegriff seinem biologischen Ursprung entzogen und reduziert betrachtet: (An-) Organische Stoffe und Materialverbindungen werden äußeren Einwirkungen wie zugeführter Energie oder Kräften unterworfen und zur Veränderung oder gar Zersetzung getrieben. Zur Betrachtung der verschiedenen evolutionären Abschnitte und deren Konservierung sollen Fossilien als wichtigster Bezugspunkt dienen: natürlich konservierte Überreste von Tieren und Pflanzen, eingebettet in Versteinerung oder Harz. Vergangenes Leben tritt mit seiner Umgebung in Wechselwirkung, wird in diese eingebettet und hinterlässt so neben den eigentlichen Fossilien Abdrücke in Gestein, Erdöl und Harz. Vom Material abgeleitet, wurden die obigen Beobachtungen durch die Methoden der amorphen Phänomene dargestellt. Die (innere) Verwandlung von Materialien in verschiedenste Zustände stellt auch eine optische Verwandlung dar, die eine Interpretation für die evolutionären Entwicklungen in der Natur abbilden könnte. Die abgeleiteten Konservierungs- und Mutationsbegriffe sollen auf die visuellen Bereiche der Zersetzung, des Blobs sowie des amorphen Materials übertragen werden. Die Folge sind eine Kombination aus Volumenverständnis, Materialität als prozesshafte Auswirkung, sowie der Zersetzungsmechanismen organischer Strukturen als Reproduktion im Material.B
Um antike Lebensformen aus vergangener Zeit untersuchen zu können, war vor allem der Fund von Fossilien hilfreich. Ein Fossil bezeichnet ein Zeugnis vergangenen Lebens, das älter als 10.000 Jahre ist. Fossilien sind zum einen körperliche Überreste von Lebewesen (Körperfossilien) oder zum anderen Zeugnisse ihrer Aktivität (Spurenfossilien).B
Basierend auf den Theorien zu Mutationen und zur Entstehung von Fossilien oder Inklusen wurde die Idee entwickelt, Materialien auf ihre zeitlich bedingte Wandelbarkeit zu untersuchen. Hierfür wurden Materialien ausgewählt, die amorph sind oder den aus der Methodenanalyse resultierenden Designmethoden unterliegen (Zersetzung, Blob, Amorph). Um Material als Formabdruck seiner eigenen strukturellen Zusammensetzung zu erzeugen, ist beispielsweise der Einsatz von Energie nötig. Die Materialien werden bei Erwärmung in verschiedene Zustände versetzt. Dabei kommen ihre natürlichen strukturellen Eigenschaften zum Vorschein und die Verformung wird gleichermaßen als formlose visuelle Darstellung festgehalten. Dazu werden Materialien an Grenzpunkte der äußerlichen Verwandlung gebracht, um zu analysieren, wann sich ein Material der Energiequelle beugt. Des Weiteren werden Materialien untersucht, die sich von flüssigen in feste bzw. amorphe Zustände verwandeln können.
A_Bergson, Henri: »Philosophie der Dauer, Textauswahl von Gilles Deleuze.« Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg.
B_Akner Coler, Cheryl: »Form and Formlessness.« Chalmers University of Technology, Fakultät für Architektur, Stockholm, 2007.